Das Oberlandesgericht München hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung einen Verteidiger zurückgewiesen, der lediglich mit einem weißen T-Shirt statt Hemd und Krawatte unter der offenen Robe vor Gericht aufgetreten war.
Der Rechtsanwalt war vor einer Strafkammer mit einem weißen T-Shirt unter der Robe erschienen. Trotz Hinweis des Gerichts war er nicht bereit, mit Hemd und Krawatte aufzutreten, so dass ihn das Gericht als Verteidiger zurückwies.
Dabei führte das Gericht in seinem Beschluß aus, dass zwar in Bayern keine gesetzliche Regelung besteht, die Rechtsanwälte zum Tragen einer Amtstracht verpflichten würde (anders als in einzelnen Bundesländern). Dennoch ergibt sich die Verpflichtung aus einem seit über hundert Jahren entwickelten bundeseinheitlichen Gewohnheitsrecht. Das Tragen von Amtstracht ist auch nicht durchgesellschaftliche Veränderungen hinfällig geworden, da es hierbei auf die Erwartungen und Vorstellungen aller Verfahrensbeteiligten, d.h. insbesondere auch der Gerichte und nicht nur der Rechtsanwälte ankommt. Modische Wandelungen in der Wirtschaft, dem sog. „Businessbereich“, sind daher grundsätzlich unbeachtlich.
Nach alledem geht das Gericht davon aus, dass das Tragen von Hemd und Krawatte vor Gericht nach wie vor breite Zustimmung findet, wenn auch bei Rechtsanwälten (im Gegensatz zu Richtern und Staatsanwälten) zwischenzeitlich auch farbige Hemden und Krawatten in dezenter Ausführung als angemessen angesehen werden. Auch die Ausrede des provokativen Verteidigers, dass er keine Krawatte besitze und eine solche auch gar nicht binden könnte, ließen die Richter nicht gelten, da es sich um einen generellen Verstoß gegen verfahrensrechtliche Verhaltnsnormen handelt (OLG München, Beschl. vom 14.07.06, 2 Ws 679/06 und 2 Ws 684/06).